Bauen der Zukunft: Mehr Nachhaltigkeit in der Baubranche?

Obwohl das Thema in der Presse immer wieder thematisiert wird, hat es in der breiten Masse noch keine allzu großen Wellen geschlagen: Die fortlaufende Bodenversiegelung in Österreich. Laut aktuellen Zahlen, die im Juni 2020 im Kurier veröffentlicht wurden, werden pro Tag 13 Hektar Fläche verbaut. Im Jahr 2019 verschwand sogar täglich eine Fläche von rund drei Fußballfeldern unter neu gebauten Parkplätzen, Straßen oder Häusern.

Immer mehr Experten sprechen sich daher für eine nachhaltigere Bau- und Flächenwidmungspolitik aus. So auch die österreichische Hagelversicherung, die in der Verbetonierung unseres Landes eine Gefahr für die Umwelt sieht. Die Bodenversiegelung würde demnach auch den Klimawandel beschleunigen.

Aber wie sieht das Bauen der Zukunft aus? Ist nachhaltige Baupolitik möglich?


Corona als Impuls für eine neue Widmungsordnung?

Auch im Artikel „Notverordnung fürs Klima“ auf DerStandard.at vom 28. September 2020 wird das Thema Bauen und Nachhaltigkeit thematisiert.

Der Architekturjournalist Wojciech Czaja beschrieb demnach sogar schon im März seine Vision einer neuen Klima-Notverordnung. Wie bei der Coronakrise, sollte die Politik auch bei der immer öfter erwähnten „Klimakrise“ rasch regulierend eingreifen – mit harten Maßnahmen.

Eine Idee von Czaja ist ein sofortiger „Versiegelungsstopp“. Alle Bauten am Land oder in Grünzonen in der Stadt müssten demnach sofort beendet werden. Sogenannte „systemerhaltende“ Neubauten müssten mit gleichzeitiger Entsiegelung an anderen Orten kompensiert werden.

Ebenfalls sollten leerstehende oder alte Bauten entweder saniert (und somit wieder nutzbar gemacht) werden – oder man entsiegelt die Fläche.

Harte Eingriffe als einzige Lösung?

Die Vorschläge und Visionen, die vom Architekturjournalisten ins Gespräch gebracht wurden, klingen zugegebenermaßen radikal. Doch bei einer Umfrage, die unter Branchenvertretern durchgeführt wurde, gab es mehr Zuspruch als erwartet.

Vor allem die einheitliche österreichische Bauordnung liegt auf der Beliebtheitsskala sehr weit oben.

Aber was würde sich bei diesem Punkt ändern? Zurzeit ist es so, dass das Bauwesen den Ländern (und nicht dem Bund) unterliegt. Das bedeutet, dass jedes einzelne der 9 Bundesländer eine verschiedene Bauordnung mit unterschiedlichen Gesetzen hat.

Grundlage der Flächenwidmung ist das Raumordnungsgesetz, ein Landesgesetz. Die momentane Gesetzleslage räumt der Gemeinde im Zuge der Raumflächenplanung das Recht ein, Flächenwidmungen zu vergeben. Mit der einheitlichen Bauordnung könnte diese Kompetenz auf Bundesebene übergehen, was eine umweltfreundlichere und ressourcensparende Widmungspolitik ermöglichen könnte.

Bei den Vorschlägen, die hier im Detail nachzulesen sind, handelt es sich bisher natürlich nur um Ideen und Visionen. Die Entscheidungen der letzten Monate (in der Corona-Krise) haben jedoch gezeigt, dass die österreichische Politik doch auch für härtere Maßnahmen und Gesetzespakete zu haben ist, wenn es die Gegebenheiten erfordern.

Das Bauen der Zukunft und der Einfluss auf den Immobilienmarkt

Ökologisches Haus

Es ist davon auszugehen, dass es die meisten Vorschläge aus diesem Plan nicht so schnell in österreichische Gesetzesbücher schaffen werden. Ein entscheidender Faktor der Anti-Versiegelungs-Politik wird jedoch das Zurückfahren von Neubauten sein.

Um die Versiegelung von Flächen zu minimieren, kann für die zukünftigen Jahrzehnte also durchaus davon ausgegangen werden, dass Neubauten strenger kontrolliert und limitiert werden. Eine Möglichkeit ist beispielsweise, dass beim Bau eines neuen Gebäudes eine Mindestnutzungsdauer von 100 Jahren nachzuweisen ist.

Doch nicht nur die lange Nutzungsdauer von Gebäuden wird beim Bauen der Zukunft eine Rolle spielen: Ebenso kommen neue, emissionsfreie Heizkonzepte und modulare Häuser ins Spiel. Werden in Neubauten einzelne Komponenten voneinander getrennt (Heizung, Technik, etc.) fallen zukünftige Sanierungszyklen deutlich leichter.

Langfristig ist der Einfluss auf den Immobilienmarkt noch nicht abzusehen – fix ist jedoch: Sinkt die Anzahl der verfügbaren Baulandflächen und müssen alte Häuser saniert oder abgerissen werden, wird der Wert der bestehenden Immobilien steigen. Auch (noch) strengere Auflagen für Neubauten werden bereits bestehende Gebäude wertvoller machen.

Grüner Lebensstil, grüne Häuser

Der Plan vieler Experten für die Zukunft ist klar: Die CO2-Emissionen müssen sinken, die Städte müssen kühler werden.

Hierbei zeigt sich immer mehr der Trend zu „grünen Fassaden“ oder Gründächern. Wo früher eine langweilige weiße Wand war, rekeln sich jetzt Gewächse die Mauer hoch. Und auf den Dächern sollen die kahlen Betonwüsten modernen Dachgärten weichen.

Vor allem in Städten, in denen der Hitzestau im Sommer (noch) unvermeidbar ist, gibt es immer mehr Bemühungen, Neubauten so grün wie möglich zu gestalten.

Leerstandsabgabe gegen leere Mietwohnungen?

Die Wohnungsknappheit zeigt sich vor allem in Großstädten: Viele Menschen sind auf der Suche nach einer bezahlbaren Wohnung, doch nicht immer treffen sich die Bezahl- und Einnahmevorstellungen von Mieter und Vermieter.

Um langfristigen Leerstand zu vermeiden, kommt von vielen Politikern die Idee einer „Leerstandsabgabe“, die für den Vermieter dann zum Tragen kommen würde, wenn die Wohnung trotz regional gesteigertem Bedarf leer bleibt.

Ein anderer Ansatz wäre es das Mietgesetz zu vereinfachen. Eingriffe in die Disposition der Vermieter zu minimieren, wie z.B.:  eine zwingende Befristung von 3 Jahren. Das System Angebot und Nachfrage würde den Markt selbst regeln.

Hier sind Entscheidungsträger angehalten eine Marktkonforme jedoch auch humane Lösung zu finden. Denn Wohnen ist ein Grundbedürfnis.


Fazit: Bauen der Zukunft

Obwohl es viele noch nicht wahrhaben möchten, ist davon auszugehen, dass es in Zukunft viele Änderungen im Bau- und Widmungsrecht geben wird. Das liegt nicht zuletzt am Klimathema, welches immer mehr in der Mitte der Gesellschaft ankommt.

Neben Anti-Versiegelungs-Maßnahmen ist auch davon auszugehen, dass es deutlich strengere Gesetze für Neubauten geben wird – etwa eine Mindestbenutzungsdauer oder Regeln zu modularen Konzepten.

Die Corona-Krise hat eines sicherlich deutlich gemacht: Obwohl die österreichische Politik bei manchen Themen eingerostet erscheinen mag, kann es, wenn es darauf ankommt, schnelle Maßnahmen in kürzester Zeit geben.

Wenn die Klimathematik noch an Fahrt gewinnen wird – wovon auszugehen ist, wenn man einen Blick auf aktuelle Nachrichten wirft – wird es früher oder später zu Änderungen kommen, die zwar klimapolitisch gesehen ein großer Gewinn sein werden, den ein oder anderen jedoch auch schmerzen könnten.